Für mich ist es zu einer Gewohnheit geworden vor einem Gottesdienst kurz zu beten, dass Gott zu mir spricht durch irgendeine Sache. Ich brauche das einfach um meinen Glauben „on fire“ zu halten und manchmal einfach als Bestätigung, dass es Gott gibt.

Gestern passierte dann das Unerwartete. Ich wurde von dem Prediger an den Bühnenrand geholt: „Ich brauche mal eben 5 Freiwillige.“ Natürlich sprang ich – initiativ wie ich bin – auf und war kurze Zeit später das lebendige Symbol für einen der 4 Männer, die ihren gelähmten Freund zu Jesus getragen haben.

Der Prediger schwärmte in langen Sätzen von unserer Einsatzbereitschaft für unseren gelähmten Freund, wie wir ihn durch die staubigen Wüstenstraßen getragen haben, wie wir Material besorgten, um eine Leiter zu bauen um auf das Flachdach des Hauses zu steigen. Und das alles für unseren Freund. Er malte vor Augen wie anstrengend es war auf dem unebenen Dach des Hauses zu knien, ein Loch rein zu schlagen ohne genau zu wissen ob es auch die richtige Stelle direkt über Jesus war, denn man konnte ihn durch die massive Lehmdecke nur sehr dumpf wahrnehmen.

Ich muss zugeben. Ich war ein wenig stolz. „Endlich mal einer der es ausspricht, was ich alles hinter den Kulissen tue um meine gelähmten Freunde zu Jesus zu tragen. Endlich mal einer der es wertschätzt, wie anstrengend es ist andere Menschen zu tragen, wenn sie selbst nicht in der Lage sind zu gehen.“

Doch dann kam die überraschende Wende mit einem Satz des Predigers: „Als der Gelähmte dann vor Jesus lag würdigte dieser die 4 Freunde keines Blickes mehr. Er erwähnte mit keinem Wort, dass er ihre Anstrengung sah, sondern sagte nur kurz und knapp – als er ihren Glauben sah – und dann wandte er seine ungeteilte Aufmerksamkeit dem Gelähmten zu. Es scheint als würde Jesus die Männer ignorieren.“

Mir standen die Tränen in den Augen, weil ich zum einen erschrocken bin über meinen selbstgerechten Stolz und zum anderen, dass ich vergessen hatte, dass es im Leben wichtigere Sachen gibt als mich und meine Anstrengung für anderen Menschen da zu sein.

War das die Antwort auf mein Gespräch, welches ich am Abend vorher mit Gott geführt habe, dass ich mich mehr darauf konzentrieren möchte andere zu fördern und zu motivieren als selbst aktiv zu sein? Kommt es gar nicht so sehr darauf an, wie sehr ich für Gott racker und mich abmühe sondern schaut Jesus mehr auf meinen Glauben, mit dem ich Dinge in Angriff nehme und weniger auf meine menschliche Angestrengtheit?

Ich bin gestern neu motiviert und entschieden nach Hause gefahren. Ich saß in der U Bahn, umgeben von Menschen, die mit mir in derselben Stadt leben. Ich sah in ihre Gesichter und spürte innerlich, dass so manch einer von ihnen vor Freude in die Luft springen würde, aber durch seine Umstände in denen er lebt wie gelähmt ist. Und ich wusste, es gibt nichts besseres für mich zu tun, als diese Menschen zu Gott zu tragen, damit er ihnen seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt, sie heilt und sie frei von Belastungen aufspringen können. Mit einem zufriedenen Lächeln stieg ich aus und dachte: „Gern helfe ich beim tragen.“

 

 

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Eine Antwort

  1. Juliane

    was ist mit den Menschen, die sich gerne tragen lassen? die nur glauben sie seien gelähmt und sich anderen auflasten? den Weg zeige ich gerne und gehe diesen auch ein großes Stück weit mit. wie nachhaltig ist es, andere zu tragen? oder missverstehe ich etwas?

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